Spielende Kinder
Ich liebe diese Kinder und freue mich, wenn ich sie tagtäglich mit ihren Zwei-und Dreirädchen, lachend und springend stundenlang in der Einfahrt spielen sehe.
Heute sprechen sie mich direkt an. „Wir haben dein Video gesehen“. Zwei der Mädchen sogar beide. Aus zweien der anderen Kinder kommen die Worte „das ist haram“. Genau genommen sind sie sogar zu dritt und. „Man sieht deinen Bauch und das ist haram“. – Aha, daher weht der Wind.
Ich erkläre ihnen, dass ich eine Orientalische Tänzerin bin und wir bei unseren Auftritten solche Kostüme tragen und, auf ihre Frage hin auch, warum wir da in der Stadt getanzt haben.
Die ersten beiden kennen das schon aus ihrer Heimat und daher ist es weniger außergewöhnlich für sie.
Haram – verboten. Ich kenne dieses Wort seit meiner Kindheit und bin mir sicher, viele von uns tun das ebenso, auf die eine oder andere Weise.
Vor allem als Frauen haben wir nur allzu oft gehört, was wir in unserer Rolle zu tun und lassen haben, wurden teilweise als Freiwild betrachtet, wenn wir uns scheinbar freizügig kleideten und aus dem „züchtigen“ Rahen heraus fielen.
Schauen wir uns die Geschichte, liegt es auch in der heimischen Vergangenheit relativ zeitnah zurück, dass Frauen mit Kopfbedeckung und dergleichen außerhalb des Hauses unterwegs waren. Jemand mochte es ihnen auch damals schon beigebracht haben – wie diesen Kindern.
Gott? Wer genau ist unser Gott und warum in aller Welt sollte er wohl etwas dagegen haben, wenn wir ein wenig Haut zeigten? Bei anderen Völkern ist das mehr als normal.
War dieser Gott etwa männlich? Und was genau hatte er zu verlieren?
Es ist eine Herausforderung an uns alle.
Spielende Kinder, jung und natürlich in ihrem Umgang, herzlich und ohne Vorbehalte – bis jemand ihnen etwas anderes erzählt.
Und genau da fängt es an. Wir wollen Frieden in der Welt und wünschen uns Gleichberechtigung, – zumindest die meisten von uns, tief in unseren Herzen und wenn wir den Mut haben, es nach außen zu tragen…
Also fangen wir bei unseren Kindern an. Bringen ihnen Höflichkeit und Wertschätzung bei, gegenüber Mensch und Tier, Respekt und Toleranz allen Geschlechtern gegenüber, allen Religionen und Rassen, überdenken vielleicht, ob die eigenen, uns vermittelten Werte auch heute noch Gültigkeit verdienen, im Rahmen einer globalen Freiheit , für achtsamen, liebevollen Umgang und ein offenes, ehrliches und friedvolles Miteinander.
Denn eines Tages sind wir erwachsen, aus dem Alter der spielenden Kinder heraus und können selbst entscheiden, was für uns „haram“ oder erlaubt ist und unseren eigenen Weg gehen, unseren eigenen Glauben leben und unsere eigenen Werte in diese Welt hinein tragen.
„Ich liebe Isabelle“ sagte plötzlich die kleinste von den Dreien und zupfte mit den Zähnen einen Glitzerstein von ihrem Shirt, den sie mir mir ihrer kleinen, zarten Kinderhand sanft in meine rechte Hand hinein legte..
© Isabelle Hassan, Diandra-Circle Concept