Das Geschrei des Tigers
In Anlehnung an die Geschichte mit den drei Katzen stellt sich die Frage, warum die Getigerte und auch der Kater selbst mitunter so heftig reagierten, wenn man ihnen zu nahe trat.
Ja, warum überhaupt fauchen sie zuweilen oder schreien einander an?
Sie scheinen sich wohl bedroht zu fühlen auf die eine oder andere Weise. Sei es der „Eindringling“, wohl wissend, dass er auf „fremdem“ Terrain wandelte oder weil Menschen ihm zu nahe kamen, ohne dass er ahnen konnte, wie sie ihm gesonnen waren und was sie im Schilde führten.
Die Getigerte hatte sicher Angst, etwas von ihrem Revier abgeben zu müssen, vielleicht ein Stückchen der Lieblingsdecke , auf der sie am Abend so gerne schlief oder ein paar Streicheleinheiten von den Menschen, die sie ganz besonders liebt, wer weiß?
Und wie ist es mit uns Menschen? Wann schreien wir einander an?
Im Grunde ist es das Gleiche. Auch wir fühlen uns bedroht, machen uns groß und stark, bäumen uns auf, obwohl wir doch im Herzen Angst haben.
Angst vor Verlust, Angst zu versagen, zu kurz zu kommen, unterlegen, bzw. schwächer zu sein, …zu sterben? Denn letztlich ist doch jeder Verlust ein kleines Sterben, wenn wir die Sache einmal völlig nüchtern betrachten.
Mit jedem Mal, wenn wir uns unterlegen fühlen, kommt ein Stückchen genau dieses Gefühls auf und die Frage ist berechtigt, was genau wir verlieren können? Wieviel von uns geben wir auf, wenn wir dennoch nachgeben? Unsere Schwäche einfach zugestehen?
Es hat doch etwas von Menschlichkeit und vielleicht, nur vielleicht würde dann der Andere auch anders reagieren…?
Auf jeden Fall kann es uns helfen, mit unseren Mitmenschen leichter umzugehen, wenn wir uns bewusst sind, dass das wütende oder impulsive Geschrei, überhaupt Wut und Zorn, in den meisten Fällen einfach ein Akt der Hilflosigkeit unseres Gegenübers sind.
Vielleicht schaffen wir es damit leichter, dem Menschen mit Gelassenheit zu begegnen und ihm gerade deshalb umso mehr einen Platz in unserem Herz zu schenken…weil er es möglicherweise mehr und ganz besonders braucht.
Alles Liebe und einen wohlig entspannten Sommersonnnentag
Isabelle Hassan